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Los geht's! Aber womit eigentlich?

Wer ein Projekt als eine einfache Abarbeitung von Punkten in einem Pflichtenheft sieht, wird früher oder später gegen eine Wand laufen, vielleicht sogar ohne es zu sehen. Vor allen in Innovativen Projekten ist die Priorisierung von größter Bedeutung, aber warum? Und wie priorisiere ich richtig?

Los geht's! Aber womit eigentlich?
Valentin Jäch
Gründer / Human Resources bei Deckweiss

"Juhu ein neues Software-Projekt! Der Kunde will eine Online-Plattform auf der man sich registrieren kann um im Browser mit 3D-Modellen arbeiten können ... Also, 3D Modelle konvertieren und im Web darstellen, dazu noch einen Login und eine Registrierung für neue Benutzer. Hmm aber 3D im Web - kenn ich mich nicht aus, am besten starte ich mit der Registrierung, hab ich gleich was zum herzeigen für den Kunden. "

Normalerweise würde man jetzt denken "Sehr gut, hört sich nach einem Plan an. Ich leg gleich los.". Allerspätestens jetzt sollten es aber heißen: "Stopp, keinen Schritt weiter! Du bist davor einen großen Fehler zu begehen."

Warum das so ist und wieso das für viele Dinge im Leben gilt, erfährst du gleich.

Die Verlockung

Oft sind für uns gewisse Aufgaben verlockender als andere. Das kann am eigenen Interesse, an der Komplexität, an der Herausforderung und vielen weiteren Faktoren liegen, die von Individuum zu Individuum unterschiedlich sein können. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass diese Aufgabe der perfekte Start/Anknüpfungspunkt für dich bei deinem neuen Projekt sein soll. Wer sich jetzt denkt: "Eh klar worauf der hinaus will... Ich soll mit den schweren Aufgaben starten, damit die erledigt sind und ich das Einfache für den Schluss hab, wo ich weniger Motivation hab, bla bla bla - erzähl mir was Neues", den muss ich jetzt (leider) enttäuschen - damit liegst du völlig falsch!

Worauf kommts dann an?

Am liebsten würde man ja alles gleichzeitig machen, aber wie viele von uns schon mal bemerkt haben - ist es unmöglich. Oft spielen Zeit und Personal eine wichtige Rolle dabei. Man ist also limitiert und muss das Beste daraus machen. Die verfügbaren Ressourcen optimal nutzen, um das Ziel bestmöglich zu erreichen. Das Wichtigste ist es also, die Priorisierung der Aufgaben zum Erreichen der Ziele festzulegen. Je langwieriger der Weg zum Ziel, desto besser gehört priorisiert und vorausgeplant. In unserem Beispiel aus der Einleitung, was würden den Kunden wohl mehr zum Staunen bringen: ein 3D-Modell im Browser zu sehen, oder mit einem x-beliebigen Login-Formular konfrontiert zu werden, das er tagtäglich 100x auf anderen Webseiten sieht?

Wonach priorisiere ich?

Die Priorität wird eigentlich so gut wie immer eindeutig vom Ziel bestimmt. Da gibt es kaum ein drumherum (außer du hast dir ein falsches Ziel gesetzt, aber da ist dann eben im Vorhinein schon was schief gelaufen). Ich nehme jetzt als Beispiel Individual-Softwareprojekte bei uns bei Deckweiss. Eines unserer wichtigsten Ziele ist die Kundenzufriedenheit (immerhin wollen wir ja maßgeschneiderte Software erstellen, wenn der Kunde damit nicht vollends zufrieden ist, könnten wir ihm/ihr ja gleich eine bestehende Standard-Software vom Markt empfehlen). Demnach sollten wir unsere ToDo's im Projekt auf Kundenzufriedenheit richten.

Deine Ziele sind meine Ziele

Kundenzufriedenheit hin oder her, der BESTE Weg sie zu erreichen, ist es, die Ziele des Kunden als die Eigenen zu sehen und sich damit zu identifizieren. Sobald du das geschafft hast, sitzt du mit ihm im selben Boot, ziehst am selben Strang, stehst tagtäglich nicht mehr nur vor deinen Problemen sondern auch vor seinen Problemen. Hast du das einmal in dir, denkst du auch im Projekt permanent an seine Bedürfnisse und Wünsche. Das Projekt ist nicht mehr bloß eins wie jedes andere, es ist nicht mehr ein Muss... Nein, es wird dein Verlangen, DEIN Wunsch sein, das Problem des Kunden durch die neue Software zu lösen. Du wirst mehr Freude an neuen Features empfinden und diese Freude wird ganz bestimmt auch widergespiegelt vom Kunden.

Zurück zum Ursprung

Deine Ziele sind meine Ziele... Jetzt sollte sich die Frage "Wonach priorisiere ich?" gar nicht mehr stellen. Sobald du daran denkst, was du mit der Individual-Software bezwecken möchtest, wird dir im ersten Moment klar sein, was als nächstes zu tun ist. Hilfreich ist es sich trotzdem immer folgende Fragen zu stellen und auch exakt nach dieser Reihenfolge zu priorisieren:

  1. Woran kann das Projekt scheitern?
  • Welche Unbekannten gibt es, die das Vorhaben scheitern lassen? Wie kann ich das beseitigen? - Wo könnten Engpässe auftreten und uns aufhalten?Alles was mit diesen Fragen in Verbindung gebracht wird, solltest du im Vorhinein gut planen (also wann wird womit gestartet), Machbarkeitsstudien aufstellen (in Form von kleinen Demo-Projekten), oder gut recherchieren.
  1. Was soll die Kernfunktionalität der Software sein?
  • Welcher Prozess wird durch sie vereinfacht/ersetzt/erleichtert?Genau diese Punkte solltest du wenn möglich gleich zu Beginn in Angriff nehmen, sie haben höchste Priorität und sind Kernthema der Problemlösung. Je früher der Kunde Ergebnisse sieht, desto besser kann er beurteilen, ob es seinen Erwartungen entspricht, vielleicht seinerseits falsche Ziele gesetzt wurden, oder Fehler im Konzept aufdecken.
  1. Hab ich das schon oft gemacht?
  • Ist das für mich Routine(-Arbeit)?
  • Bringt es einen zusätzlichen aber nicht grundlegenden Mehrwert für die Software?
  • Ist es ein notwendiges Übel das einfach dazu gehört aber nichts zum Scheitern bringt, bzw. ohne dem das grundlegende Ziel/Problem des Kunden trotzdem gelöst ist?Diese Punkte sind ganz an das Ende des Projekts zu reihen, dann wenn theoretisch nichts mehr schief gehen kann, wenn die Kernfunktionalität abgebildet ist und der Kunde keine Sorgen mehr hat, dass das grundlegende Ziel noch nicht gelöst wurde. Beispielsweise wäre das die Benutzerverwaltung in Projekten. Also genau das, was wir zu Beginn gerne zuerst gewählt hätten. ;)In so gut wie jeder Software, mit der mehrere Personen arbeiten, gibt es sie, aber sie trägt kaum oder oft nur wenig zur Kernfunktionalität der Software bei.

Geht doch nur für (Software-)Projekte...

Stimmt, du hast Recht, die meisten Beispiele hier waren in Bezug auf Softwareprojekte. Warum?  Weil das bei Deckweiss unsere Hauptbeschäftigung ist und wir dieses Denken, diese Art der Priorisierung und Planung bei unseren Projekten etablieren. Es ist für uns ein tolles Gefühl und ein großer Erfolg, wenn Kunden am Ende des Tages sehr zufrieden sind mit unserer Leistung.

ABER natürlich lässt sich die gesamte Vorgehensweise auch auf beliebige andere Aufgaben, ummünzen.

  • Denk doch mal an den Stoff deiner nächsten Prüfung? Willst du wirklich alles bis ins Detail lernen? Wär es nicht vernünftiger, alles zwar zu lernen, aber mit den Themen zu beginnen, die dem/der ProfessorIn extrem wichtig sind? Und von dort auch nur die relevanten Inhalte zuerst zu lernen und dabei wirklich strenge Grenzen ziehen. Auch innerhalb gleicher Themenbereiche kann es starke Unterschiede geben, was wichtig ist und was nicht. Lieber mal zwischen den Themen hin und her springen, dafür aber den Kern von jedem Thema verstehen, bevor du von einem einzigen Thema jedes Detail kennst. Sollte dir am Ende die Zeit ausgehen, so hast du alles grundsätzlich verstanden und nur mehr Inhalte offen, die nicht im Kernbereich liegen.
  • Du planst die Einrichtung deiner neuen Wohnung, bist aber vom Budget und von der Raumgröße beschränkt? Willst du dann lieber mal die gleiche Couch kaufen, die ein Freund von dir hat, weil du sie extrem gemütlich findest und du sie vom Möbelgeschäft um die Ecke bekommst? Oder solltest du für dich doch lieber mal priorisieren, auf welche Möbel du den meisten Wert legst und danach entscheiden, wieviel du für was ausgeben möchtest? Dann siehst du sofort ob für deine Couch überhaupt Platz ist (wenn für dich z.B. Esstisch, Waschmaschine, ... doch viel wichtiger ist)? Das kann dir im Nachhinein einigen Ärger und Zweifel an deinen Entscheidungen ersparen.

Fazit: Sicher gibt es Bereiche, die diese Herangehensweise nicht zulassen, aber es gibt noch viel mehr, die es schon tun! Bevor du das nächste Mal bei aufwändigeren Vorhaben direkt losstartest, nimm dir doch vorher mal die Zeit um das Ganze in Kombination mit den erwarteten Ergebnissen zu betrachten. Entscheide dann, was Priorität hat und was nicht. Die Belohnung dafür ist mehr Zufriedenheit, weniger Stressgefühl und jederzeit ein gutes Gewissen zu haben, dass du gerade das Richtige tust.

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